Gestalttherapeutisch-Systemische Aufstellungen

Was sind gestalttherapeutisch-systemische Aufstellungen?
Gestalttherapeutisch-systemische Aufstellungen sind eine wirkungsvolle Methode, um verborgene Dynamiken, Muster und Beziehungen in verschiedenen Lebensbereichen sichtbar und erfahrbar zu machen. Sie verbinden systemische Sichtweisen mit dem gestalttherapeutischen Ansatz, der das unmittelbare Erleben, die Wahrnehmung und die Eigenverantwortung in den Mittelpunkt stellt.
Drei zentrale Formen der Aufstellung
1. Familienaufstellung
Familienaufstellungen dienen dazu, unbewusste Verstrickungen, Loyalitäten und Beziehungsmuster innerhalb der Herkunfts- oder Gegenwartsfamilie sichtbar zu machen. Sie ermöglichen es, familiäre Belastungen zu erkennen und neue Perspektiven für Versöhnung, Loslösung oder Stärkung der eigenen Position zu gewinnen.
Beispiel:
Eine Klientin stellt ihre Familie auf und erkennt, wie sie unbewusst die Trauer ihrer Mutter mitträgt. Durch die Aufstellung kann sie sich innerlich abgrenzen und neue Kraft schöpfen.
2. Organisationsaufstellung
Organisationsaufstellungen werden in beruflichen Kontexten eingesetzt, um Strukturen, Rollen, Kommunikationswege und Konflikte in Teams, Unternehmen oder Institutionen zu beleuchten. Sie helfen, Blockaden zu lösen, Entscheidungsprozesse zu klären und die Zusammenarbeit zu verbessern.
Beispiel:
Ein Team stellt die aktuelle Zusammenarbeit auf und erkennt, dass wichtige Informationen immer an einer bestimmten Schnittstelle verloren gehen. Die Aufstellung ermöglicht es, neue Kommunikationswege zu etablieren.
3. Organaufstellung
Organaufstellungen bieten die Möglichkeit, körperliche Symptome oder Erkrankungen symbolisch darzustellen. Organe, Körperteile oder Symptome werden aufgestellt, um psychosomatische Zusammenhänge und innere Konflikte zu erforschen. Dies kann zu einem besseren Verständnis und neuen Lösungsansätzen im Umgang mit gesundheitlichen Herausforderungen führen. Eine Organaufstellung ist kein Ersatz für medizinische Behandlung oder Therapie, sondern sollte als ergänzende Methode betrachtet werden. Sie kann dazu beitragen, die ganzheitliche Gesundheit und das Wohlbefinden zu fördern, indem sie die Verbindung zwischen Körper, Geist und Seele stärkt und neue Perspektiven auf die Ursachen von Krankheit und Symptomen eröffnet.
Beispiel:
Ein Klient stellt sein Herz und seinen Magen auf und erkennt, wie Stress und emotionale Belastung auf den Körper wirken. Durch die Aufstellung werden neue Wege zur Selbstfürsorge sichtbar.
Methoden der Aufstellung: Raum, Brett und RepräsentantInnen
Aufstellung im Raum
Hier werden reale Personen oder Symbole im Raum positioniert, um Beziehungen und Dynamiken körperlich und räumlich erfahrbar zu machen. Die Beteiligten nehmen die Plätze der jeweiligen Elemente ein und berichten über ihre Empfindungen, was oft zu überraschenden Einsichten führt.
Aufstellungsbrett
Das Aufstellungsbrett ermöglicht eine diskrete und flexible Arbeit mit Symbolen (z. B. Holzklötzchen, Figuren). Diese Methode eignet sich besonders für Einzelarbeit, kleinere Gruppen oder wenn eine größere Distanz zum Thema gewünscht wird.
RepräsentantInnenaufstellung
Bei der RepräsentantInnenaufstellung übernehmen anwesende Personen stellvertretend die Rolle von Familienmitgliedern, Teammitgliedern, Organen oder anderen Elementen. Sie werden vom / von der AufstellungsleiterIn ausgewählt und in den Raum gestellt. Die RepräsentantInnen schildern ihre Wahrnehmungen und Gefühle, wodurch die Dynamik des Systems sichtbar wird. Im Verlauf werden Positionen verändert, Sätze ausgesprochen oder Handlungen ausprobiert, um neue Lösungen zu erproben.
Ablauf einer RepräsentantInnenaufstellung
Klärung des Anliegens: Das Thema wird gemeinsam besprochen und das Ziel der Aufstellung definiert.
Auswahl der Repräsentant:innen: Für die relevanten Elemente werden Personen oder Symbole bestimmt.
Aufstellung im Raum: Die Repräsentant:innen werden positioniert und schildern ihre Eindrücke.
Prozessarbeit: Dynamiken werden sichtbar gemacht, Veränderungen ausprobiert, Lösungssätze formuliert.
Abschluss: Die Aufstellung wird gemeinsam reflektiert und die Beteiligten werden aus ihren Rollen entlassen.
Verdeckte Aufstellung
Bei einer verdeckten Aufstellung wissen die Repräsentant:innen nicht, wen oder was sie vertreten. Nur der/die Klient:in und die Leitung kennen die Zuordnung. Diese Methode verhindert bewusste oder unbewusste Beeinflussung und ermöglicht oft einen noch unmittelbareren Zugang zu verborgenen Dynamiken.
Professionelle Qualifikation und Risiken
Aufstellungen sind eine tiefgehende Methode, die große Chancen, aber auch Risiken birgt. Sie dürfen ausschließlich von qualifizierten Fachkräften mit fundierter Ausbildung in systemischer und / oder gestalttherapeutischer Aufstellungsarbeit und einer umfangreichen psychosozialen Grundausbildung durchgeführt werden.
Warum ist das so wichtig?
Fachliche Kompetenz: Nur erfahrene LeiterInnen können Dynamiken richtig deuten, Prozesse sicher steuern und angemessen intervenieren.
Schutz vor Überforderung: Unerfahrene oder unqualifizierte AnleiterInnen riskieren, dass belastende Themen nicht ausreichend bearbeitet und integriert werden, was zu fehlenden Auflösungen oder sogar Retraumatisierungen führen kann.
Sicherer Rahmen: Die Leitung muss in der Lage sein, emotionale Prozesse zu begleiten, Grenzen zu wahren und für einen geschützten, respektvollen Rahmen zu sorgen.
Gefahren bei unqualifizierter Leitung:
Unzureichende Anamnese und fehlende Aufstellungsvorbereitung
Fehlende Integration und Nachsorge
Unkontrollierte emotionale Prozesse
Reaktivierung traumatischer Erfahrungen ohne Halt – mögliche Retraumatisierung
Verstärkung von Schuld- oder Ohnmachtsgefühlen
- Rollenübernahme als RepräsentantIn, die zu nahe an eigenen, nicht integrierten Prozessen klebt und damit mögliche Retraumatisierung
Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Systemischer und Gestalttherapeutischer Aufstellungsarbeit
Gemeinsamkeiten:
- Beide Methoden machen Beziehungen, Dynamiken und Muster innerhalb eines Systems (z. B. Familie, Team, innere Anteile) sichtbar.
- Sie nutzen das räumliche Aufstellen von Personen oder Symbolen, um komplexe Zusammenhänge erfahrbar zu machen.
- Ziel ist es, neue Perspektiven und Lösungswege zu eröffnen, die das eigene Erleben und Handeln positiv beeinflussen können.
- Beide Ansätze bieten einen geschützten Rahmen, in dem Veränderung und Entwicklung möglich werden.
Unterschiede:
Gestalttherapeutische Aufstellungsarbeit | Systemische Aufstellungsarbeit |
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Fokus liegt auf dem unmittelbaren Erleben und den aktuellen Gefühlen der beteiligten Personen. | Fokus liegt auf den Strukturen, Beziehungen und Mustern im gesamten System (z. B. Familie, Organisation). |
Die Wahrnehmungen und Impulse der Repräsentant:innen werden aktiv in den Prozess einbezogen und können kreativ gestaltet werden. | Es wird stärker auf systemische Prinzipien wie Zugehörigkeit, Ordnung und Ausgleich geachtet. |
Die Methode ist oft flexibler und individueller, da sie sich an den persönlichen Themen und dem Hier-und-Jetzt orientiert. | Systemische Aufstellungen folgen häufig klaren Abläufen und Regeln, die sich an systemischen Theorien orientieren. |
Ziel ist auch, die Selbstwahrnehmung und Eigenverantwortung zu stärken. | Ziel ist es, das gesamte System in Balance zu bringen und verdeckte Dynamiken sichtbar zu machen. |